Texte

Zur Eröffnung der Sonderausstellung mit Malerei & Graphik von Uta Oesterheld-Petry und Annett Schauß »ERLESENES – Worte in Bildern« im Literaturmuseum Theodor Storm | April 2025

Meine Damen und Herrn!

Herzlich begrüßen möchte auch ich Sie bei dieser Sonderausstellung hier im Literaturmuseum Theodor Storm. Es ist mir eine besondere Freude, mit Ihnen heute in die Arbeiten von Uta Oesterheld-Petry und Annett Schauß hinein zu lauschen….was sie alles zu erzählen haben, mitteilbar machen möchten, wahrnehmbar, spürbar…wie sie Unruhe stiften, aufstörend und aufrührend bewegen, wie sie Fragen stellen, insistieren, anmahnen und ermutigen und das auch in der Kontemplation… wenn sie aus Gedankenbildern schöpfen, aus alltäglichen und immer auch besonderen Beobachtungen und Begegnungen, die sie für uns sichtbar auf Leinwand und Papier imaginieren und in ihrer Sprache zur Sprache bringen. Etwas Erlesenes … Worte in Bildern.

Das Erlesene, wie es im Leitmotiv für diesen vielstimmigen Dialog der beiden Künstlerinnen anklingt, meint ja in seiner Bedeutung zunächst das Besondere in der Wertschätzung,  auch wenn es in diesem Fall vor allem auf einen besonderen literarischen Fundus schließen lässt, mit dem sie sich in einer Reihe von Arbeiten auch schöpferisch verständigt haben. In malerischen und zeichnerischen Reflektionen über Texte von Heinrich Heine und Theodor Storm und in das, was uns in deren Lebens- und Gedankenwelt auch aktuell noch angeht und zu denken geben könnte.

Und sei es in Form eines Kunstmärchens, dem sich Annett Schauß mit Storms früher Erzählung „Hinzelmeier“ in einer Auswahl von Momentaufnahmen widmet. Mit einer Geschichte, in der die Sehnsucht nach dem Lebensglück und dessen Scheitern in ein allegorisches Szenario einbettet ist, das von fantastischen Traumsequenzen durchdrungen ist und auf metaphorische Bilder vertraut, die sich einer allzu realistische Lesart verweigern. Über die hätten sich Storms Zeitgenossen vermutlich empört.

Über einen Rosengarten, der die ewige Liebe so schön romantisch symbolisiert und dabei auch die sexuelle Erfüllung in einer Partnerschaft meint, die das ewig junge Elternpaar des Erzählers ihm immer wieder vorlebt. Und dann über seine maßlosen Ansprüche und seine Selbstüberschätzung, bis hin zum Größenwahn, weil dieser Hinzelmeier, dem materiellen Erfolg und dem ersehnten gesellschaftlichen Status am Ende mehr vertraut als seinen emotionalen Sehnsüchten.

Selbst wenn sich Annett Schauß mit ihren malerischen Reflektionen über Storms Erzählung vor allem der Idee von Uta Oesterheld-Petry für einen gemeinsamen schöpferischen Dialog anschließt, wie sie ihn mit Heinrich Heine begonnen hatte, werden sie feststellen, dass es in dieser Ausstellung immer wieder zu Korrespondenzen kommt. Weniger zwischen Heine und Storm und was ihre Themen und Motive betrifft, sondern vor allem unter dem Aspekt, wie sehr und wie oft literarische Stoffe ebenso wie Gemälde, Zeichnungen und Skizzen immer auch Stellung nehmen zu den politischen, sozialen und ökonomischen Verhältnissen ihrer Zeit und wie sich in jedem künstlerischen Prozess  wechselseitig beflügeln. Oft auch im Bündnis mit Tondichtungen, rhythmischen Gesten und den poetischen Lautmalereien, die sich dann auf ihre Weise in einer Bildkomposition einfach als Klangbild oder klingendes Gedankenecho zu Wort melden, stören, aufrühren und bewegen… wie Lieder ohne Worte.

Manchmal genügt bereits ein historischer Anlass wie der, der Uta Oesterheld-Petry inspirierte. Heinrich Heines christliche Taufe vor 200 Jahren in Heiligenstadt, als er glaubte, sich mit dem „Taufzettel“ das „Entreebillett zur europäischen Kultur“ erworben zu haben, von der er sich als Jude ausgeschlossen erlebt hatte und es auch weiterhin blieb. Als politisch engagierter Ruhestörer und wachsamer Chronist der politischen und sozialen Verhältnisse und ihrer Seilschaften, wie sie sich der Vision eines demokratischen Miteinanders auch weiterhin verweigerten und lieber einem autoritären Nationalismus huldigten. Doch nicht nur die satirischen, spöttischen und polemischen Untertöne in den Worten Heines haben ihre Spuren in den Bildmotiven der Künstlerin hinterlassen sondern auch die des einfühlsamen Naturbeobachters, der  in seinen Reisebildern wieder zum Sehnsuchtsmenschen wurde.

So wenig wie sich Bildmotive an Rahmen und Begrenzungen halten, vermögen es die Worte von Heine und Storm, die sich im benachbarten Ausstellungraum in Auszügen ihrer Werke nachlesen lassen. Sie sind auch hier bisweilen sehr umtriebig und mischen sich im Bündnis mit den Anmerkungen weiterer literarischer Zeitchornisten auf ihre Weise in die Bilderzählungen von Uta Oesterheld-Petry und Annett Schauß ein. In diese Gestalt, die so ganz bei sich zu verweilen scheint, mit diesem inwendigen Blick, der sich nicht enträtseln lassen will, würde ich spontan ein Gedankenbild von Georg Büchner hineinlesen. „Was ist das, was in uns lügt, mordet und stiehlt?“

Mit dieser Frage könnten auch die maskenhaft verzerrten Gestalten gemeint sein, die Annett Schauß in ihrer Serie „Nachtmahr“ posieren lässt und sie in ihren Obsessionen gnadenlos demaskiert. Und ist nicht auch diese dramatisch aufleuchtende Landschaft, in der Uta Oesterheld-Petry eine Vision von Eden als Ort der beschützenden Geborgenheit imaginiert, von Spuren dieser Fratzengesellschaft durchdrungen, die keine versöhnliche Ruhe geben kann und anderen diesen Sehnsuchtsort verweigert… den Kriegs- und Armutsgeflüchteten, deren Wünsche und Hoffnungen die Künstlerin in ihrer Eden Serie malerisch zur Sprache bringen wollte.

Trügt der Schein nicht vielleicht auch in dieser Allee, wo das satte Blattgrün in den Zweigen munter austreibt und für Momente den dunklen Hintergrund weg zu blenden vermag… auch das, was dort möglicherweise bereits an Unruheherden und Verwerfungen in Lauerstellung verharrt und in weiteren Landschaften nicht verborgen bleibt? Auch unwegsame Flächen und Regionen markieren den Weg zu einem befreienden offenen Horizont.

Auf dem Spielfeld, das Annett Schauß  mit ritterlichen Figurinen aufgerüstet hat, trügt der Schein schon lange nicht mehr, den sie mit den Worten Walter Benjamins dramatisch zuspitzt und mit plakativer Wucht versieht. „Je weiter wir aus dem Inneren heraustreten, desto politischer wird die Atmosphäre.“

Er trügt auch nicht in den „Sequenzerlebnissen im städtischen Raum“ und den zerstörerischen Kollisionen in einer Welt von Einzelkämpfern, die das kapitale Wettbewerbsmodell bereits verinnerlicht haben, das Schwächen und Verletzlichkeiten ins Abseits drängt und ständig würgt.

Die Künstlerin arbeitet und argumentiert auch gern mit Requisiten und ihrer irritierenden Wirkung, mit der sich wunderbar assoziativ durch ihre Bilderzählungen flanieren lässt. Etwa für den Blick aus dem Fenster auf eine versteinerte Industriekulisse, für die sie ein häusliches Stillleben mit Reibe, Apfelstücken und Garnrolle angerichtet hat. Bei diesem Stillleben könnte man jetzt über alltägliche und besondere Reibungsverluste sinnieren und was trotz Mindestlohngeboten noch alles aufreibt im täglichen Überlebenskampf und an einem Durchhaltefaden festgezurrt wird. Da reibt sich vermutlich mit dem paradiesischen Apfelstückchen aus dem Garten Eden  auch die Hoffnung auf bessere Zeiten auf…

Empört euch wenigstens! fordern die alltäglichen und besonderen Beobachtungen, die Annett Schauß zu einem Schauspiel verdichtet, das in der Komödie gern die Farce anklingen lässt und in der Tragödie noch die letzten Widerstandreserven gegen das drohende blutige Finale mobilisiert. Die Bilderfluten, die sie über lange Jahre in Berlin als Großstadtchronistin wahrnahm, drängen bei ihr aus Leinwand und Papier heraus, um uns nachdenklich zu bestürmen. Seht, was ihr euch und anderen zumutet und dabei auch das, was ihr euch zumuten lasst im sozialen Verteilungskampf, in der politischen Radikalisierung und in der globalen Ausbeutung der Natur und ihrer Ressourcen!

Darin verständigen sie sich auch mit den Arbeiten von Uta Oesterheld-Petry, deren malerische Reflektionen für mich die Form von Essays annehmen, die bei der „quo vadis“ Frage immer wieder innehalten, um noch einen Moment länger darin zu verweilen, bevor sie erneut zur Bildsprache gebracht werden… und immer wieder hält die Künstlerin dabei nach den weiteren Aussichten Ausschau und nach möglichen Optionen.

Bevor sie in dem zweiten Ausstellungsraum auf die Wort- und Bildbegegnungen mit Storm und Heine treffen, begegnen sie den Lichtblicken, die Uta Oesterheld-Petry auf ihrer malerischen Harzreise vernahm und in zarten poetischen Skizzen schildert. Munter dazwischen funkt Annett Schauß mit ihrem vermeintlichen Charakterkopf, dem Heine auf seinen Wanderungen in vielen Variationen begegnet ist, um sich daraus seinen spöttischen Reim zu machen. Dass ihn die Künstlerin noch mit einem ironischen Bonmot versah, hätte  vielleicht sogar ihn entzückt. „Denken ist nicht meine Stärke“ … bevor er sich Jahre später dem politischen Alptraum widmete, den Uta Oesterheld-Petry malerisch in zwei Variationen imaginierte, weil auch die gestörten Verhältnisse ständig weiter austreiben und variieren, so wie sie sich aktuell zuspitzen. „Denk ich an Deutschland in der Nacht“…

Und schon sind sie wieder zur Stelle, die Maskengestalten, die Blender und die Gierschlunde, die Annett Schauß in ihren Federzeichnungen posieren lässt, um sie mit den Verlorenen und den gemeinschaftlichen  Überlebenskämpfer zu kontrastieren und mit Bilderzählungen und Buchumschlagentwürfen zu Theodor Storms „nachdenklicher Geschichte“. Uta Oesterheld-Petry folgt hier weiteren Spuren von Heines Harzreise und begibt sich auf weitere wandelnde Landschaften zum nachdenklichen Innehalten, während sich der „Prahlhans“ von Annett Schauß demonstrativ zu Wort melden muss, als ob er diesen Aufmarsch von Gestalten, die da scheinbar gemeinschaftlich posieren, noch überstimmen könnte. Auch mit dieser Frage „Gemeinsam ? Einsam?“ die ihnen die Künstlerhin zumutet, die ihn ja im  Grunde ebenso angeht.

Es ist eine zarte Stimme, die diesen Prahlhans fast lautlos übertönt. Ein Hauch von Zeichnung nur, den Uta Oesterheld-Petry dem sehnsüchtigen Ruhestörer Heine und seiner Erkenntnis über die Sterne des Glücks gewidmet hat. Aber damit lässt sich wunderbar ausschwärmen in Erlesenem in Worten und Bildern, für bewegende und berührende Momente. Lassen auch Sie sich nachdenklich inspirierend beflügeln von den erlesenen und gelebten Gedankenbildern der beiden Künstlerinnen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Tina Fibiger, Heiligenstadt, 6. April 2025

»Episoden«
Ausstellung inder Galerie in der Praxis, Saalfeld, Januar bis April 2024

 

Liebe Uta Oesterheld-Petry, liebe Galeristin Frau Dr. Gabriele Süß, liebe Gäste,

Liebe Frau Dr. Süß, Galeristin zu sein, KünstlerInnen eine Plattform oder einen Schauplatz zu bieten, ist eine ehrenvolle und soziale Aufgabe, da Sie nicht nur Förderin von Kunst sind, ebenfalls ein Netzwerk betreiben, welches fernab von geschäftlicher Nutzenerwartung steht. Mit der Ausstellung »Uta Oesterheld-Petry: EPISODEN – Malerei | Grafik | Objekt« gewähren Sie nun einen Einblick in das Werk der Thüringer Künstlerin, die sich in den mehr als drei Jahrzehnten ihrer künstlerischen Tätigkeit immer wieder neue Facetten erarbeitete und sich so ein künstlerisches Gesamtwerk entwickeln konnte.

Liebe Uta, einen kleinen aber sorgsam ausgewählten Teil Deines Oeuvres dürfen wir hier heute sehen und ich möchte gern die Einzigartigkeit dieses mit Worten sichtbar machen. Natürlich beginne ich gern mit der Schilderung meines zufälligen und dann immer gern wiederholenden Blickes auf Deine Website vor einigen Jahren, als wir uns noch nicht kannten. Ich wollte mich umsehen in Thüringen, genauer im Eichsfeld, welches mir ab 2022 neue Heimat werden sollte/wollte. Ich hatte einen Plan, wie ich mich dem Eichsfeld nähere, nicht nur Infrastruktur war mir wichtig, auch, wer aus dem annähernd gleichen Blickwinkel, als freischaffende Künstlerin, die Welt sieht und versteht. Und heute, nach zwei Jahren darf ich Deine Ausstellung »EPISODEN« eröffnen. Ja, es gab eine rasche Annäherung, auch, und das ist ein großer Vorteil, über Deine künstlerischen Werke. Gemeinsamkeiten im Denken und Handeln begünstigen das Verstehen.

Gern möchte ich mit Utas Worten beginnen, um damit tiefer in die Vorstellung ihrer Werke einzutauchen: »Es ist nicht egal, aus welchem Blickwinkel man etwas betrachtet, ob in der Natur, Begegnungen mit Menschen, das Erfahren eines Ortes«. Uta meinte hier selbstverständlich nicht nur den optischen Blickwinkel, Perspektivwechsel sind wichtig, jedes Mal entsteht etwas Anderes, auch wenn das Objekt, das Sujet das gleiche bleibt…im übertragenen Sinn. Mit Stift und Papier, Pinsel, Farbe und Leinwand allein zu sein, ist der Alltag für KünstlerInnen und eine so unbeschreibliche Freude. Nimmt man sich Zeit und Ruhe, kann man sich auf das bevorstehende Arbeiten konzentrieren und gar fühlen, dass einem das Material antwortet. Einklang stellt sich ein. Inspiration ist wichtig, reicht nur allein nicht. Auch kann man sie nicht erzwingen. Sie ist Grundlage. Wichtig ist, den Einfall, die Idee durch Arbeit, Wissen, sogar Handwerk besser zu machen. Hier zitiere ich Uta: »Die Ideen kommen zu mir. Wie ich auf die Ideen komme, ist oft überraschend. Darauf folgt die Auseinandersetzung mit meiner Idee, das Kernstück der Arbeit« oder, wie Richard Wagner sagte: »Der Einfall spottet jeder Situation, zur Ausführung braucht man allerdings etwas Zeit«. Weiterhin ist Disziplin ein wichtiger Faktor. Man muss glühen für diese Art der Arbeit. Kunst muss erarbeitet werden. Es ist eine schwere und ernsthafte Arbeit, die ganz im Verborgenen stattfindet, ohne Publikum, ein Prozess der Suche geht voraus, die Suche nach dem richtigen Material, dem richtigen Motiv. Uta sagte mir in einem Vorgespräch zu dieser Ausstellung: »Zweifeln gehört dazu. Es ist mitunter ein Ringen. Verwerfen gehört ebenso dazu«. Das Malen selbst wird Suche, die Suche selbst wird Malerei – es entsteht Kunst und mit ihr eine Aussage. Und dann kommt der Prozess des Loslassens und des sich Offenbarens, des Mitteilens, wobei das nicht so einfach ist, wie es sich anhört. Zeichnen, Malen ist nicht nur künstlerischer Ausdruck, sondern in erster Linie Kommunikation. Utas Bilder sind Kommunikation, Austausch und Übertragung von Informationen. Wir sehen, was wir wiedererkennen, oder wir sehen, was wir entbehren, was uns selten oder fremd geworden ist. In Utas Bildern sehen wir die Dinge auf eine Weise, die wir verlernt oder vergessen hatten, so intensiv zu sehen. Damit meine ich, die Intensität ihres Blickes, dieses sich ganz und gar in etwas Vertiefen, in die Natur, bis hin in das Wurzelwerk, welches Herzstück der Natur ist.

Unter diesem Titel »Wurzelwerk« sehen wir Bilder, bei denen wir auf einen sehr engen Ausschnitt der Realität mitgenommen werden, fokussiert auf einen sehr genauen und engen Blick. Die Atmosphäre, die Verschlungenheit und Enge wecken in mir, als Betrachterin den kindlichen Wunsch, in die Bilder hineinzulaufen, Wurzelwerk anzufassen und sich in diesem niederzulassen. Wurzeln – Lebensadern – Bilder über die Vergänglichkeit und den Zauber des Moments. Es ist so viel zu sagen über den Inhalt, dass man die Technik zu erwähnen fast vergisst, es sind Monotypien auf Büttenpapier, die malerisch weiterbearbeitet wurden. Durch gezielt eingesetzte Farben – hier Cyan und Weiß, höht und tieft sie in verschiedenen Intensitäten, sodass in den Strukturen des Wurzelwerkes interessante Räumlichkeiten entstehen. Doch hier hören ihre Bildgeschichten nicht auf. Sie gehen weiter, zeigen Schönheit, Reichtum aber auch Verletzlichkeit und Verletztheit. Hier möchte ich auf den Holzschnittzyklus »Quellen« eingehen. Seit Jahren ist sie Beobachtende, Dokumentierende, bei Kefferhausen, der Ort der Unstrutquelle … auch ist Uta Genießende des Ortes, sind doch Quellen für uns Menschen erquickende Erlebnisorte. Sie zeichnete, ohne zu wissen, dass diese Arbeiten Zeitzeugnisse des Klimawandels werden. Vor Jahren waren die Quelltöpfe dort mit Wasser gefüllt, jetzt, so zeigen es ihre visuellen Geschichtenerzählungen, sind sie ausgetrocknet. Uta ist eine Meisterin im Erzählen, die ohne Texte auskommt. Ihre Zeichnungen, Grafiken, Gemälde erzählen Geschichten, sie reden, sie raunen und flüstern, so auch die Werke unter dem Titel Metamorphosen, Episoden in der Natur. Die Landschaftsdarstellungen von Uta haben stets einen festen Bezug zu realen Umgebungen. Hier finden wir Darstellungen, die zu den Zyklen Outside, Flora, Eden oder Zeit gehören. Arbeiten in Ei-Öl-Tempera, Öl- und Acrylfarben auf Leinwand, Leinwandplatten oder Büttenpapier.

An dieser Stelle möchte ich mit Utas Worten weitersprechen: »Als Hintergrund für den Malprozess ist das Zeichnen für mich essentiell. In der malerischen Umsetzung bleibt das Gegenständliche mal klar erkennbar, in anderen Werken löst es sich aber auch vom Konkreten.« So auch in diesen angesprochenen Serien. Hauptrolle spielt die Natur: Enge und Weite zeigen sich in ihren Bildern. Wasser mit Spiegelungen, die Jahreszeiten und Tageszeiten erahnen lassen, die Eden-Serie impliziert Vertrautheit, eine tatsächlich enge Freundschaft, wenn man das so sagen darf, zur Landschaft. In der Serie Outside, in der Manier der Grisaillemalerei entstanden, erfährt man ihr zeichnerisches Malen ganz besonders. Wie Lebenslinien zeigen sich hier die Baumstrukturen, altehrwürdig, wie Denkmale. Beharrliches künstlerisches Dokumentieren unserer Natur. Eine eigene Sprache mit tiefsinniger Deutung. Auch ihre Zeichnungen und Radierungen besitzen oft die Tiefe und die Ausdruckskraft von Gemälden – so Reiseskizzenbilder, ob Stadt oder Land, aber auch Porträts. Ihre Zeichnungen weisen – bei aller inhaltlicher Vordergründigkeit – eine hohe formale Haltung auf.

Ihre zeichnerischen, grafischen Werke, Erkundungen, ob Stadt oder Land, werden stets seriell gefertigt. Oftmals ziehen sich diese Serien zu einem Thema über Jahre hinweg. Sie kommt an Plätze zurück, beobachtet und zeichnet. Sie schaut auf Details aus ihren ihr wichtigen Blickwinkeln – intensiv und beharrlich. Die Kontinuität, mit der sie Bildmotive erarbeitet, Orte immer wieder aufsucht, Orte in der Nähe und Ferne, und neu, anders widergibt, deutet darauf hin, dass es sich um Auseinandersetzungen handelt. Genau das ist die Künstlerin Uta – sie kann die Intensität des Augenblicks einfangen, das große Ganze wahrnehmen, das sich aus vielen kleinen Teilen zusammensetzt. Sie zeigt, die Schönheit dessen zu sehen, was uns umgibt. Was ja umso wichtiger ist, weil wir beständig dabei sind, die Schönheit der Natur zu zerstören.

Neben den malerischen und grafischen Arbeiten möchte ich auch auf die ausgestellten Objekte hinweisen. Sie sind eine logische Ergänzung zu ihren Bildern in ihrem Oeuvre. Eine logische Ergänzung, da sie auch diese Bestandteile der Natur wahrnimmt, Fundstücke, von der Natur bearbeitet…Sie schreibt selbst dazu: »Sie scheinen Geschichten zu erzählen von verschiedenen Lebensphasen, vom Reisen, von Metamorphosen. « Und dann stellt sie, so Uta: »eine Verbindung her zwischen den verschiedenen Fundorten, Zeiten, Kulturen« mit einem zarten Draht zwischen diesen und den Bruchstücken aus heimischem rotem Sandstein, welche oft einen Sockel für die jeweilige Skulptur bilden. Ein Fund-Gegenstand wird zum Sinnbild der zerbrechlichen Kostbarkeit des so scheinbar Gewöhnlichen.

Auf diesem Weg wünsche ich Dir weiterhin viel Erfolg in Deinem künstlerischen Schaffen, und uns, dass Du uns diese Kostbarkeiten weiterhin aufzeigst und den Blick weitest, der so wichtig ist. Den Besuchern wünsche ich Anregungen und Impulse von der Ausstellung. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Annett Schauß | Diplom-Designerin (FH)


 

»Vom Aufzeichnen und Drucken«
Doppelausstellung Druckgrafik zum Tag der Druckkunst 2023

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

liebe Frau Oesterheld-Petry, liebe Frau Schauß, liebe Gäste,

als Kind bin ich gern und auch relativ häufig mit meinen Großeltern mit dem Zug auf Reisen gegangen. Manchmal ging es in die Schweiz, häufig zu Verwandten nach Hamburg und von da aus weiter an die Nordsee. Startpunkt war immer meine Heimatstadt Freiburg im Breisgau. Der dortige Hauptbahnhof hatte viele Jahre lang einen durchaus sehr romantischen Charme mit einer großen Eingangshalle, grün verzierten korinthischen Säulen, einer eigenen Gepäckabfertigungshalle und strengen Schaffnern, die laut pfeifend darauf achteten, dass niemand zu nah an den Gleisen lief. Meist waren wir lange vor Abfahrt des Zuges bereits am Bahnhof, aßen und tranken eine Kleinigkeit und beobachteten das wuselige Treiben. Menschen kamen und gingen, redeten laut oder leise, rannten zum Gleis oder schlenderten gemütlich umher, warteten, hievten schwere Koffer oder reisten fast ohne Gepäck, verabschiedeten sich unter Tränen oder mit Küssen, winkten dem abfahrenden Zug hinterher, bis er außer Sicht war. Dann sagte meine Großmutter immer: „Die Mysterien finden im Hauptbahnhof statt.“

Was sie mit diesem Zitat von Joseph Beuys meinte, konnte ich als kleiner Junge natürlich nur dunkel erahnen, aber dennoch ist mir dieser Satz immer im Kopf geblieben und begleitet mich bis heute bei fast jedem Aufenthalt auf einem Bahnhof. Der Hauptbahnhof als Schmelztiegel zahlreicher, ja schier unendlicher verschiedener Schicksale, die alle für einen kurzen Moment zusammentreffen, ohne voneinander zu wissen, aber doch irgendwie verbunden sind. So viele unterschiedliche Leben, so viele Geschichten stecken in all diesen Begegnungen, Begrüßungen und Verabschiedungen. Als stiller Beobachter kann man also an diesem Ort, am Hauptbahnhof, vieles miterleben, ohne genaueres ganz faktisch zu wissen. Man muss sich anhand weniger Merkmale und Anknüpfungspunkte etwas zusammenreimen, Puzzleteile zusammensetzen und Geschichten, nunja, erfinden. Wobei, ich sollte nicht sagen, man muss, man kann natürlich, man ist frei dazu, zu fantasieren und seinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Es spricht nichts dagegen, bei sich selbst zu bleiben und seinen eigenen kleinen und großen Problemen nachzugehen. Aber am Hauptbahnhof, draußen in der Welt also, prasseln so viele andere Lebensentwürfe auf uns ein, dass es fast unmöglich ist, sich dem Gedankenspiel gänzlich zu entziehen, wer dieser andere Mensch sein könnte und was die Geschichte dahinter ist. Bevor also die Reise, sei sie nun privater oder beruflicher Natur, überhaupt so richtig begonnen hat, das eigene Abenteuer, mag es vielleicht noch so unscheinbar sein, seinen Anfang nimmt, ja noch davor hat uns bereits das Leben der Anderen in seinen Bann gezogen. Sofern man bereit ist, den Blick zu öffnen, zu weiten, für ebenjenes Leben der Anderen, für die Geheimnisse der Anderen.

Diesen feinen Blick haben Uta Oesterheld-Petry und Annett Schauß, und die hier ausgestellten Werke beweisen es eindrücklich. Über 40 Arbeiten der beiden Künstlerinnen sind zu sehen, und sie alle eint zweierlei: die handwerklichen Techniken ihrer Entstehung sowie die inhaltlich-thematischen Verbindungslinien. In dieser Woche jährt sich der Tag der Druckkunst zum fünften Mal, daher möchte ich kurz darauf eingehen, wie diese Arbeiten entstanden sind und in welche lange, wunderbare Tradition sie sich einreihen.

Mit dem Tag der Druckkunst feiern wir und alle beteiligten Akteure die Aufnahme traditioneller Drucktechniken in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der Deutschen UNESCO-Kommission. Die künstlerischen Drucktechniken des Hochdrucks, Tiefdrucks, Flachdrucks und deren Mischformen sind seit mehr als 500 Jahren Teil der europäischen Kultur und Wissensgesellschaft, und noch viel länger Teil der Menschheitsgeschichte. In Deutschland stehen Johannes Gutenberg und Albrecht Dürer stellvertretend für die Anfänge dieser Innovation. Der Name Gutenberg, übrigens ein gelernter Goldschmied, macht es schon deutlich: Druckkunst hängt eng auch mit dem Buchdruck als solchem zusammen. Und dieser war anfangs und bis weit ins 17. Jahrhundert durchaus eine eigene Kunst für sich, Zeitgenossen sprachen sogar vom „achten Weltwunder“. Aufwändig verzierte, geschmückte und goldschimmernde Prachtausgaben wurden zu hohen Preisen in die ganze Welt verkauft. Gleichzeitig war durch die neuen Möglichkeiten der Druckkunst mit auswechselbaren Lettern eine flexible, relativ kostengünstige und schnelle Erstellung größerer Auflagen möglich, was natürlich erheblich zu einer Demokratisierung bei der Verbreitung von Informationen beitrug. Zuvor war die Erschaffung und handschriftliche Vervielfältigung von Dokumenten und Büchern einzig das Metier einer kleinen Zahl von Spezialisten, in Europa insbesondere der gebildeten Mönche und Nonnen in den Skriptorien der Klöster. Der Zugang für breitere Bevölkerungsschichten war also äußerst beschränkt.

Die neue massenhafte Verbreitung von Wissen, Nachrichten und Meinungen frei von einer direkten Kontrolle durch Kirche und Obrigkeit, setzte ungeheure gesellschaftliche Energien frei und brachte große soziale und politische Umwälzungen mit sich, wie es z.B. die Epoche der Renaissance sowie die Zeit der Aufklärung war. Das Verfahren des Setzens von Hand mit beweglichen Lettern blieb tatsächlich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts unverändert, schuf aber dennoch die Grundlagen unserer heutigen Wissensgesellschaft. Heute werden diese traditionellen künstlerischen Drucktechniken in Deutschland und Europa vor allem von Bildenden Künstlerinnen und Künstlern gepflegt und weiterentwickelt. So wie bei uns Frau Oesterheld-Petry und Frau Schauß. Auch ihnen liegt dieser Demokratisierungs-Gedanke sehr am Herzen. Beide arbeiten oft und eng mit Schulklassen und Bildungseinrichtungen sowie Museen zusammen, um gerade junge Menschen für diese Techniken zu begeistern, ihnen dieses Handwerk nahe zu bringen. Und für Sie, liebe Gäste, gibt es am Samstagvormittag, 18. März, von 10 bis 13 Uhr in beiden Ateliers die Möglichkeit, verschiedene Drucktechniken, Radierung, Monotypie, Linolschnitt, unter fachkundiger Anleitung auszuprobieren.

Die Bilder der beiden Künstlerinnen haben mich an besondere Momente meiner Kindheit erinnert und ich hoffe, auch Sie, liebe Gäste, lassen sich inspirieren von den Geschichten und Emotionen, die in den Bildern stecken. Die Werke von Uta Oesterheld-Petry und Annett Schauß wollen Erinnerungen hervorrufen, Erfahrungen teilen, Träume wecken. Sei es ausgelöst von Reisen nach New York oder Berlin, unterwegs in Heiligenstadt oder der freien Natur. Überall hilft der freie, klare, genaue Blick und eröffnet tiefere Bedeutungsebenen. Sie sehen also, liebe Gäste, die Mysterien finden auch in Heiligenstadt statt. Wir müssen nur offen sein und danach schauen. Vielen Dank!

Dr. Gideon Haut, Direktor der städtischen Museen,
Stadtverwaltung Heilbad Heiligenstadt

Heilbad Heiligenstadt 17. März 2023


 

Wandlungen

Zur Eröffnung der Ausstellung Malerei und Graphik von Uta Oesterheld-Petry im Literaturmuseum „Theodor Storm“

Sehr geehrte Damen und Herrn,

Herzlich begrüßen möchte auch ich Sie zur Eröffnung dieser Ausstellung mit den Arbeiten von Uta Oesterheld-Petry hier im Literaturmuseum „Theodor Storm“.

Schon der Titel „Wandlungen“ hat ja sehr verführerische Wirkung, weil er sich in vielerlei Hinsicht so wunderbar assoziativ deuten lässt. Es geht dabei um Veränderungen und Entwicklungen, Ausblicke, Rückblicke und Einsichten; um Ereignislandschaften die sich auf der Leinwand und auf Büttenpapier mitteilen. Da geschieht etwas Bewegendes, das auch bewegen möchte. Sei es für einen Moment der Irritation, weil sich hinter dem vermeintlich sichtbar Fassbaren noch viel mehr verbirgt, das jetzt so schön nachhaltig rumort. Oder dass sich plötzlich ein Gefühl des Staunens einstellt, wenn man erst mal in Bewegung gerät… dass sich hier Eindrücke, Erfahrungen und Beobachtungen ganz anders darstellen und ganz neu zu denken geben und auch das scheinbar Vertraute jetzt anders erfahrbar werden möchte: Mit der Aufforderung, sich treiben zu lassen, um den Wandlungen und dem Wandelbaren auch in der eigenen Wahrnehmung nachzuspüren.

Die Begriffe Wandlung und Wanderschaft verbindet ja nicht nur eine lautmalerische Verwandtschaft. Ohne das Wandern keine Wandlung, keine innere Bewegtheit könnte man sagen. Und so möchte ich sie jetzt zu einer Wanderung einladen, mit den malerischen Reisewegen von Uta Oesterheld-Petry und den Stationen, an denen sie unterwegs innegehalten hat.

Aufbrechen möchte ich allerdings nicht in diesem Raum mit seiner bewegenden Pflanzenwelt und ihren erzählerischen Kräften oder mit diesen Impressionen von Tanz, Gestus und gestalterischer Vielschichtigkeit sondern nebenan. Dort hat die Künstlerin das malerische Unterwegs sein in einer Serie von Arbeiten mit dem Titel „Passagen“ zum Thema gemacht und ihre Reisenotizen malerisch reflektiert.

2

In ihnen klingen die Beobachtungen von Gebäuden an, wie der Blick das Mauerwerk streift oder eine besondere Architektur und wie sich dabei Hindernisse in den Weg stellen, die später auch zu malerischen Anhaltspunkten werden können: Rissiges Gestein mit seinen Zeitspuren, eine Gasse, die sich unübersichtlich verzweigt oder wie ein Kreuzgang empfunden wird, weil sich darüber eine Reihe steinerner Bögen spannt.

Es sind vielfach Momentaufnahmen aus südlichen Ländern, mit Abstechern nach Marokko und Tunesien, die die Künstlerin hier in ihren malerischen Streifzügen verarbeitet. Wo Stadtansichten und Einsichten oft labyrinthisch anmuten und scheinbar planlos; eben nicht so geometrisch übersichtlich angeordnet wie viele mitteleuropäische Straßenzüge und Häuserzeilen. Hinzu kommt die architektonische Formvielfalt, die sich auch in geschwungenen Linien und Verzierungen so belebend in vielfach inspirierenden Signalen mitteilt. Aus dieser Überfülle destilliert Uta Oesterheld-Petry die Momente von Andacht und Bewegung und was sie dabei auch innerlich bewegt hat.

Sich auf eine fremde Umgebung einzulassen und der Wahrnehmung mit allen Sinnen freien Lauf zu lassen, kann auch leicht zur Mutprobe werden. Wer weiß, was hinter der nächsten Ecke lauert und eben nicht von sonnigem Tageslicht erhellt wird. Wenn ein Gebäude sich nicht einfach so in seinen Proportionen erschließt sondern nur in einer vereinzelten Spur. Oder wenn sich hinter der Fassade eine Welt von Höhlen oder Katakomben verbirgt, in die man sich zaghaft vortasten muss und dabei gleichzeitig nach Halt sucht oder nach etwas Vertrautem, dass einen über unsicheres Terrain hinweg begleitet.

Diese sinnlichen Berührungsmomente mit all ihren Unwegsamkeiten kombiniert die Künstlerin mit den Wahrnehmungsreflexen, die jedem Unterwegssein innewohnen. Mit jeder Bewegung verändert sich die Sehperspektive und nimmt erst dabei einen anderen Ausschnitt eines Gebäudes war, fühlt sich angesprochen von einem konstruierenden Element, einem farblichen Detail oder einem Lichtstimmung, die das Gesehene verdunkelt oder erhellt. Hinzu kommen die Bilder im Kopf, die das gerade Wahrgenommene einfärben oder überlagern…

3

… mit den Erinnerungen an vertraute Formen und Ansichten, die ja auch kein statisches Konstrukt bilden und immer wieder anders Gestalt annehmen und dabei ihre bewegende Energie behaupten.

Es ist dieses anders Gestalt annehmen von Ansichten und Beobachtungen, von Formen, das aus diesen Arbeiten spricht. Wo der steinerne Schattenriss die stolze Kraft einer Stele entwickelt, um dann mit dem Gestus eines menschlichen Körpers belebt zu werden. Daneben türmen sich virtuelle Häuserzeilen wie zu einer Betonlandschaft auf, die es in die Höhe drängt. In Untiefen lockt der Bildraum mit diesen dunklen Spiegelungen auf einem Gewässer mit seiner scheinbar undurchdringlichen Oberfläche, die Unbekanntes und Abgelagertes birgt, nachdem sich greifen ließe. In vielen dieser Reisepassagen trifft man auf diese Bögen, wie sie Portale bilden, die den dahinter liegenden Raum rätselhaft verschleiern können. In anderen Arbeiten wirken sie wie ein schützendes Dach, dass die bewegenden Bildräume sanft ummantelt, wo der Blick auf Körper-Silhouetten trifft, die sich aneinander reiben oder auf die skulpturale Wirkung, die das Gestein mit all seinen Rissen und Verwerfungen immer wieder entwickelt, ohne wirklich greifbar zu sein…es sei denn für eine gedankliche Berührung.

Der Farbauftrag mit dieser Mischung aus Pigmenten, Eiern, Öl und Wasser ist eine widerspenstige Angelegenheit. Anders als bei Ölfarben, die ganz unmittelbar in eine Form oder Gestalt münden. Als spröde und sperrig beschreibt Uta Oesterheld-Petry die Arbeit mit Ei-Öl-Temperafarben,  die auf der Leinwand keine stabile Größe bilden. Es kommt immer wieder zu überraschenden Wendungen und Unruheherden, wie sie sich in den Bildmotiven spiegeln. Man trifft auf Farbregionen, die eine intensive Kraft entfalten oder einen besonderen Glanz, aber auch auf solche, die reliefartig gebrochen erscheinen und so an die Unwegsamkeiten erinnern, die das Unterwegs sein prägen. Wenn sich Eindrücke und Beobachtungen als sperrig erweisen oder irritieren oder den offenen Blick vorübergehend eintrüben, um dann in einem Bildmotiv ihre eigenwillige Erzählspur zu behaupten. Und sei es als störrischer Gedächtnissplitter, der sich von den nachfolgenden Eindrücken und Beobachtungen einfach nicht überlagern lässt.

4

Es gibt eine unmittelbare Verbindung zu den Arbeiten in diesem Raum. Denn sie knüpfen an die malerischen Reflektionen über das Unterwegssein an, indem sie innehalten. Für einen vertiefenden Blick in die Bewegtheiten von Körpern und die von Pflanzen, wie sie die Fantasie in vielerlei Gestalt beflügeln und sich vor den Augen des Betrachters verwandeln. Uta Oesterheld-Petry reflektiert diese Wandlungen malerisch zunächst in den Impressionen von einer Aufführung des Nederlands Dans Theater mit dem Titel „Sleepless.“

Was diese schlaflosen Gestalten alles bewegt, findet seinen Ausdruck in der Sprache ihrer Körper, in die sich die Künstlerin hier vertieft. Oft sind es ja nur sekundenkurze Momente, in denen eine Bewegung oder eine Geste fassbar wird. Dass es jetzt um ein Gefühl der Verträumtheit geht oder einen Zustand des Aufbegehrens. Dass sich die Sehnsucht nach Nähe einen bewegenden Raum erschafft oder die Umgebung als bedrohlich und befremdend erlebt wird. Aber hier sprechen eben die Körper, der Gestus und die bewegende Figur. Und so verzichtet Uta Oesterheld-Petry auf alles Erhellende in der Mimik der Tänzer und auf eine hautnahe Berührbarkeit. Sie erscheinen oft als Schattengestalten, die wie im Zeitraffer mehrere Silhouetten hinterlassen und dabei nur schemenhaft erscheinen.  In der malerischen Transparenz dieser tanzenden Gestalten, die in ihrer Bewegtheit kaum fassbar sind, zeigt sich auch ihre Bedeutung als Resonanzkörper für Gedankenbilder, Stimmungen und Emotionen, die auch ihre unmittelbare Umgebung einfärben können und mit ihr verschmelzen.

Es gibt Verbindendes und Trennendes in diesen Szenen schlaflos bewegter Gestalten, die zu berührenden Begegnungen finden aber auch zu aufgeladenen Verweigerungshaltungen. Manche ruhen gemeinsam in sich. Andere irrlichtern suchend durch den Bildraum oder sie bilden mit Anderen eine Mauer von Körpern… wie zum Schutz vor den nächtlichen Gefährdungen dunkler Fantasien.

Die dunklen Fantasien lauern auch in der verdorrenden Blüte, zwischen Blättern, Zweigen und Geäst. In all den wetterwendischen Entwicklungen und Verwandlungen von Pflanzen, die jede Form annehmen können und jede Gestalt.

5

Der englische Dichter und Dramatiker Oscar Wilde spöttelte einst über das Verhältnis zwischen Kunst und Natur. Wer hier wohl wen nachahmt, welche Seite die wahre Originalität im schöpferischen Prozess für sich beanspruchen kann und welche eben nur Plagiate produziert. Für das Kunstreich Kreatürliche mochte er sich nicht stark machen. Anders als die Künstlerin, die in ihren Arbeiten von faszinierenden Naturschauspielen erzählt, die in der Nahaufnahme sichtbar werden. Von Körpern und Gesichtern, die dabei austreiben. Von Schmetterlingen, die sich aus herabfallenden Blütenblättern bilden, von der Krümmung eines Zweiges, und wie er nun die Gestalt einer alten Frau annimmt.

Da geraten zwei Äste aneinander und schon meint man, darin ein Paar zu entdecken, dass sie leise etwas zuflüstert. Da rumoren Puppenköpfe und Fabelwesen und gespenstische Gestalten mit aufgerissenen Mäulern, die an Gestalten von Hieronymus Bosch erinnern und an das was Mensch und Natur auch in ihren Deformationen antreibt. Es ist eine fantastische Welt, die sich hier in ihrem Reichtum an Formen und schöpferischen Facetten offenbart und dabei natürlich auch die Fantasie des Betrachters beflügelt, der Vertrautes und Befremdendes entdecken kann, wenn er sich auf diese inspirierende Forschungsreise begibt.

Und so schließt sich der Kreis auf dieser malerische Wanderung mit den Bewegungen, den Bewegtheiten und den Wandlungen, an denen Uta Oesterheld-Petry mit ihren Arbeiten teilhaben lässt. Lassen auch Sie sich verführen von dieser Idee des Unterwegs sein und wie Eindrücke, Beobachtungen und Erfahrungen dabei immer wieder anders gedanklich assoziativ beleben und so wunderbar inspirierend nachwirken.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !

Tina Fibiger

Heiligenstadt, 25. September 2016


 


 

BRUNSHAUSEN

La troisième exposition inaugurée cette année le 21 Avril 2018 dans la galerie du Kunstkreis Kloster Brunshausen avec des œuvres du peintre de Heiligenstadt Uta Oesterheld-Petry a été bien fréquentée. Apres le salut et les mots d’introduction du président du groupe d’art Dr. Joachim Hesse a présenté l’exposition à la scientifique culturelle Julia Hinz, fille de l’artiste

„Le titre ‚Métamorphoses’ sonne mystérieux, annonce des changements, des métamorphoses, des déformations, donne une idée du familier et de l’étrange“, a déclaré l’orateur. Elle est entrée dans la carrière artistique du peintre, l’étude au Burg Giebichenstein Art Collège à Halle an der Saale, où l’étude de la nature avait un rôle important qui façonne encore la vision du monde et le travail de l’artiste aujourd’hui.

Elle est organisé dans les réseaux Kunstwestthüringer eV, GEDOK Basse-Saxe Hanovre – la communauté des artistes et sponsors artistiques – et le BBK Kassel Nordhessen – l’Association fédérale des artistes visuels.

Elle aurait présenté son travail dans un certain nombre d’expositions individuelles thématiques et de nombreuses expositions de groupe, par exemple & Heiligenstadt, Kassel, Göttingen et Hanovre. „Elle a également participe & ‚exposition“ Natur-Mensch „dans le parc national du Harz & St. Andreasberg et“ Forever Young „a Schloss Willebadessen et a été nominée pour la deuxième fois pour le prix d’art du parc d’entreprise UPK & Kassel en novembre.

En automne, elle sera représentée à la foire d’art dans la salle Documenta à Kassel. Des expositions personnelles sont également prévues & Schmölln, Mühlhausen et Hanovre

Son objectif principal est la peinture. On peut voir des œuvres à la détrempe à l’huile d’œuf ainsi qu’ä l’huile et à l’acrylique. En arrière-plan du processus de peinture, le dessin leur est essentiel. Dans la mise en œuvre picturale, le figuratif reste parfois clairement reconnaissable, mais dans d’autres œuvres, il se détache également du concret.

Le monotype – un processus d’impression & la main – dans lequel une seule impression est possible à la fois, qui peut ensuite être traitée, complète votre travail pictural avec ses structures idiosyncratiques, parfois aléatoires. Des feuilles graphiques délicates ont été crées sur du papier fait main qui retracent les structures analogues dans le monde des plantes, des animaux et des humains. Ils reflètent la nature anthropomorphique et représentent en même temps la recherche des connexions fondamentales entre tous les êtres vivants.

En plus des œuvres picturales et graphiques, nous voyons également quelques objets dans cette exposition. Des parties érodées des racines de la côte atlantique ou d’Afrique du Nord ont retenu l’attention de l’artiste. A travers le montage, elle souhaite dégager l’essence de ces objets trouves uniques, traduire les gestes qu’ils apportent avec eux. Ils racontent différentes phases de la vie, des voyages, des métamorphoses. Des fragments de grés rouge local fournissent une base pour la sculpture respective.

Jean-Luc Petry a assuré l’arrangement musical de l’après-midi avec ses propres compositions pour guitare et chant dans son français natal. Les paroles de ses chansons chantent les thèmes poétiques de l’exposition, accompagnées de sons de guitare émouvants.

L’exposition est visible jusqu’au 21 mai, les horaires d’ouverture sont les vendredis, samedis et dimanches / jours fériés de 15h ä 17h. Le lundi de Pentecôte 25 mai, dernier jour de l’exposition & 15h, un finissage avec l’artiste est prévu ; son mari Jean-Luc Petry chante des chansons avec des poèmes choisis et les accompagne & la guitare. Le Kunstkreis Kloster Brunshausen invite cordialement toutes les personnes intéressées et se réjouit d’une visite animée avec l’artiste avec entrée gratuite. Contactez Heidrun Hesse au 05382/4385.